„Das Bootshaus“ in Traunkirchen

„Traunhafte Küche“ – so titelte unlängs mein (österreichisches) Lieblings Food & Wine Magazin A LA CARTE über das Bootshaus in Traunkirchen. Da wir ohnedies diesem schönen Eck Österreichs wieder einmal einen Bade- & Bootsbesuch abstatten wollten, lag es doch auf der Hand, dies mit einer Einkehr im Bootshaus zu verbinden.

Was gibt’s zu berichten?
Das Ambiente auf der Terasse direkt am Traunseeufer mit zartem Seelüfterl ist an einem heißen Sommertag für die Mittags- & Frühnachmittagshitze einfach perfekt, detto Blick auf den zum Greifen nahen Traunstein. Besser kann man nicht platziert sein :).

Etwas seltsam ist die vorgebene Anzahl an Gängen beim Menü – 4 oder 7? Warum können wir nicht frei wählen, je nach Appetit & Gusto? Ist mir schleierhaft!

Hier rasch ein Abriss unserer Speisen & Getränke – ein Mix aus den Menüprogrammen „Im Wandel der Werte“ und ProdukteUnverfäschtRar“:

  • Wildkrebse aus den Traunauen, Krebsschmalz – Senfgurke – knusprige Hendlhaut, nicht nur optisch eine Genuss
  • Paradeiser Raritäten, Ziegenfrischkäse – Liebstöckel – Haselnüsse, mit einer wundervollen Cremigkeit im Mund, geschmacklich perfekt ausbalanciert, ein (Mittags)Sommertraum, Hedonismus pur!
  • Reinanke am Salzstein, Poveraden (ital. Artischocke) – Neuseelandspinat – Szechuanpfeffer, bissfester Fisch, der Salzstein bringt den feinen Eigengeschmack der Reinanke zart verstärkt zur Geltung, dezente, den Fisch nicht überfordernde Beilage (endlich einmal!)
  • Blunzn, Frühkraut – Basilikum – 3 x Reis, sehr kroß, sehr, sehr (für mich zu) intensiv, rustikal, geschmacklich gut, aber mE. nicht ganz stringent in der Menüabfolge
  • Gegrillter Rieddeckel vom Bio Rind, Szegetinercreme – Topinambur – Zwiebelfleck, butterweich, eine harmonierende Gesamtkomposition
  • Geräucherter Stör aus Unterach, Zuckermais – Eierschwammerl – Vogelmiere, leider hat mich dieses Gericht nicht überzeugt, festes Störfleisch in super Konsistenz, in Verbindung mit dem scharf angebratenen Mais ergaben sich am Gaumen aber irritierenden Anklänge an Moder
  • Blauer Büffel, Apfel – Orangentagetes – Senfessenz, Käsedessert, für mich wieder ein Highlight, die unterschiedliche Konsistenz der Zutaten –  weicher Büffelkäse, knackige Rohkost (Kohlrabi) und Nußstückchen – sorgen für ein tolles Mundgefühl und ein spannendes, neuartiges Geschmackserlebnis, das polarisiert: ich hab’s geliebt, meine Frau verabscheut
  • Kernölschokolade, Rosenmarillen – Käseeis – Bauernstreusel, ein Selbstläufer für uns Schokoafficionados, cremig weiches Schokoladeerlebnis, geschmacklich nicht zu lasch & nicht zu intensiv, leicht angekühlt hätte es auf der Terasse noch einen Tick mehr Spaß gemacht
  • toller Espresso Maciato zur Griesflammerie, ein Klassiker mit Himbeer-Schoko und Zitronenmakronen
  • Unserer Nasen tauchten wir als Aperitif in einen hausgemachten Wermut – homemade Bitters, ein Trend des ’16-Sommers – perfekt belebend und anregend, hernach in DenkArt-Zalto Weingläser (die Besten!) mit folgenden Inhalten: ein frisch, sauberer & intensiver 2015er Friulano von Kitzmüller, Brazzano di Cormons, Neuburger 2012 DAC Leithaberg von Lichtenberger-Gonzáles, ein brav bewährter Allesbegleiter, nicht nur zu Fisch,  ein ’14?er Blaufränkisch Béla-Joska von Wachter-Wiesler vom Eisenberg, würzig, mineralisch, neu fürmich war der 2015 Grüner Veltliner V.D.N. der Domäne Wachau, ein gespriteter Grüner Veltliner in Smaragdqualität nach Portweinvorbild, vielschichtig, erstaunlich leichtgewichtig für 16.5% Vol. mit toller Restsüße

Der Service war freundlich aber knapp – wer je den flinken und diskreten Charme der österreichischen Klassiker (wie zB. den Oberauers) genossen hat, ortet beim Bootshaus noch einiges an Potential. So hätte ich mir auch gewünscht, dass bei Einzelweinbestellungen aus der offenen Karte das Glas nicht bereits befüllt serviert, sondern erst bei Tisch aus der Flasche eingeschenkt wird. Bei einem Essen in dieser Preisklasse für mich eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Bei der Weinbegleitung am Nachbartisch hat dies tadellos geklappt. Warum mir der Sommelier trotz meines langen Studiums der im Übrigen hervorragend übersichtlichen und klug zusammengestellten Weinkarte keine Empfehlung auszusprechen getraut hat, bleibt ebenso sein Geheimnis.
Vielleicht liegt’s aber auch am Generationenwechsel, und die „Jungen“ – und Lukas Nagel und sein Team zählen hier für mich dazu – geben sich hier einfach locklerer. Aber: gutes Service ist Pflichtbestandteil jeder Art von Gastlichkeit – nicht nur in der Haute Cuisine.

Alles in Allem gut, stellenweise richtig großes Kino, aber leider nicht ganz durchgängig.

BTW – die Fotos wurden mit meinem Blackberry Passport (am quadratischen Format leicht zu erkennen) und einem Nokia Lumia 640 gemacht. Der Sieg geht hier ganz eindeutig an letzteres: geringerer Objektabstand, mehr Schärfe, vor allem aber die bessere Belichtung für Foodfotografie (ein ein bis zwei EV sin hier schon angebracht) – ich war positiv überrascht. Doppelte Qualität beim halben Preis – könnten wir das bitte in der Grastronomie auch öfters haben?

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