Herbst V: Die beiden Gosau-Seen

Mit dem Herbst ist es so eine Sache, denn so genau kann sein Fortschritt – vor allem der Unterschied zwischen dem Flachland und dem Gebirge – nicht vorhergesehen werden. Erreicht im Mühlviertel die Laubverfärbung seinen Höhepunkt, kann es im Voralpengebiet bereits zu spät – sprich: annähernder Blattverlust der Bäume –  sein. Vom schönen Wetter, welches sich natürlich eine Fotograf wünscht, gar nicht erst zu sprechen.

Das Herbstwetter 2017 war durchwachsen, schöne Tage folgten nasskalte Tage mit Novemberstimmung, aber mein Herbstfortschrittsindikator, ein Mauerefeu vor unserem Küchenfenster, hielt seine Blätter noch ganz fest, geschweige denn, dass sie bereits eine intensive Farbe aufwiesen. Alles Anzeichen dafür, dass der Winter also noch eine Weile auf sich warten lässt. Ich wollte jedenfalls gegen Ende Oktober dem laut Wetterbericht letzten Tag vor einem Wetterumschwung aus Westen nutzen, um eine kleine Wanderung zum hinteren Gosausee zu machen. Für mich ab Linz ein Tagesausflug, gut 2h Anreise, gut 3h benötigt der Rundweg und wer wie ich ab & an zum Fotografieren dann ein wenig länger braucht, der füllt den Tag dann zur Gänze aus.

Das Wetter war mir nicht so hold – die Prognose wohl zu optimistisch. Hatte ich am Anfang der Wanderung bei vorderen Gosausee wenigstens noch eine schöne Zeichnung im Wolkenhimmel, wich diese ab halben Weg dann einen hellen Einheitsgrau, um am Ende dann bei der Holzmeisteralm in leichten Nieselregen überzugehen. Was also tun? Auf schöneres Wetter warten? Wetterumschwünge im Gebirge können heftig werden! Und so hoch ist die Treffsicherheit unserer Wetterprognose auch nicht. Da ich vermeiden wollte, im strömenden Regen den Heimweg zu beschreiten, entschied ich mich gegen das Zuwarten. Und es kam, wie es kommen musste. Wieder auf Höhe des vorderen Sees angekommen, stoppte der Regen, der Himmel riss auf zeigte zögerlich, aber doch ab & an seinen blauen Hintergrund samt Sonnenstrahlen. Die Einheimischen wussten das natürlich, der Parkplatz füllte sich umgehend, um mit seinen Lieben samt Vierbeiner die letzte helle Stunde des Tages zu nutzen und dem Mittagsbratl doch noch ein paar Meter Bewegung entgegenzusetzen ;-).

Wie auch immer – ich jedenfalls hatte einige tolle Fotomotive vor der Linse, die in Wirklichkeit auch keinen Prachthimmel benötigen, denn gerade Regentropfen als auch die wie ein Diffusor wirkende Wolkendecke können stimmungsvolle Detailaufnahmen ergeben.

Zuallererst sind meine Motive diese Ausflugs aber dem heurigen, trockenen Herbstwetter gedankt, welches für einen sehr tiefen Wasserstand in beiden Gosauseen sorgte. Und da kommen Dinge zum Vorschein, die normalerweise unter der Wasseroberfläche verborgen bleiben. Seltsam ausgebleichtes Wassergras, hellbraune, bizarre anmutende Wurzelstöcke zB. oder Felsen im Streifenlook gleichen für sich betrachtet fast einer anderen Welt.

Vorbei an dem sehenswerten, alten, aus 1787 stammenden Holzhaus der Niederen Holzmeisteralm –  kurz vor der ausgetrockneten Gosaulacke – beginnt dann das stetige Bergauf. Wer ab & an aufmerksam nach rechts durch den Wald schaut, der entdeckt ein ziemliches cooles Blockmeer. Rundum eingebettet zwischen Wald & Wiese, begrenzt durch den steil-schroffen Abhang des Gosaukamms wirkte diese Blockhalde fast so, als ob die stillen Felsgiganten zusammen mit einer himmlischen Macht Würfelpoker gespielt haben. Faszinierende Felsblöcke in zwei unterschiedlichen Gesteins- & Farbausprägungen von bis zu 2m Durchmesser ergeben ein imposantes, aber auch durch die Isolation ein Stück weit skurriles Naturschauspiel, in dem sich die eigene (Körper)Größe ganz schnell relativiert.

Ebenso kommt das fotografische Auge auch nicht an den direkt neben dem Weg stehenden, dicht bemoosten Bäumen vorbei – eine märchenhafte Erscheinung wie aus einem Fantasy-Film. Wie überhaupt der gesamte Weg zur hinteren Holzmeisteralm ein wenig wie eine Ansammlung verschiedenster, jeweils ganz eigenständiger Landschaftsbilder erscheint. Diese Variation an Stimmungen setzt sich auch beim Erreichen des Plateaus des hinteren Gosausees fort, still und fast geisterhaft das Ambiente, um dann an der Kante des Sees in einen wahren Farbenrausch umzuschlagen. Vom Nordufer ergab sich ein prachtvoller Blick auf die freigelegten Gesteinsschichten gepaart mit herbstlichen Braun- & Orangetönen, welche sich im tiefen Blautürkis des Sees widerspiegeln – einfach grandios, trotz des Nieselregens, der eine glatte Wasseroberfläche verhinderte.

Und auch die letzten Meter am Ufer entlang zur Alm, zwischen schwarzen, fast vulkanartigen Gesteinsbrocken, durch ein niederes Birkenwäldlein, in dem Schotterabbau betrieben wird –  willkommen in der kommerziellen Realität! –  und nun immer mit direktem Blickkontakt auf den mächtigen Dachstein, führen diesen Mikrokosmos an unterschiedlichen Impression nahtlos fort.

Der vor der Alm abzweigende Weg Richtung Adamekhütte bzw. ein Aufstieg direkt am Ende der Alm ermöglichen für Ambitionierte noch einen schönen, nordgerichteten Blick über beide Seen.

Beim Weg zurück bietet sich wieder am vorderen Gosausee angelangt die Abzweigung zum Westufer an, um die Seeumrundung zu komplettieren und fotografisch die letzten Sonnenstrahlen am Ostufer einfangen zu können.

Mein Fazit: eine, auch durch den breiten Wanderweg für Familien gut geeignete Wanderung, die in einem landschaftlich reizvollen Ambiente eingebettet ist, absolut zu empfehen.


Tipp zum Ansehen der Bilder:
Wem die wechselnde Größe der Bilder und die damit einhergehende wechselnde Position der Pfeile zum Weiterblättern nervt, der klickt einfach auf das Bild und blättert nun, bei konstanter Position der Pfeile, im Vollbildmodus durch die Gallerie.

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