Fujifilms Autofokus (nervt)

fuji af sucks„. Das genau ist die Phrase, die ich ins Suchfeld meines Browsers eingegeben habe. Wieder einmal bin ich aus dem Urlaub mit ein paar unscharfen Fotos zurückgekehrt – eigentlich bereits erwartungskonform, wenn ich an die letzten Jahre zurückdenke. Anfangs suchte ich die Schuld bei mir als Fotograf und ich habe auch eine einen (noch unveröffentlichen) Beitrag mit dem Titel “Schärfe – mein persönliches Jahresthema!” begonnen. Das sagt eigentlich eh alles, oder? Inzwischen weiß ich aber, dass Fujis Autofokus ab & zu einfach nicht zuverlässig scharfstellt. Normalerweise ist die Drop-out-Quote akzeptabel und da ich von den meisten Motiven auch mehrfach den Auslöser drücke, ist ein unscharfes Bild oftmals nicht weiter tragisch.
Anders sieht das aber bei der Anfertigung von Panoramen aus. Bei Erstellung eines “großen” Panos mit Hilfe eines Stativ und einem “No-Parallax”-Adapter ist das alles kein Thema, da ich hier ohnehin immer mit manueller Fokuseinstellung arbeite. Bei den “kleineren”, einzeiligen Panos aber, mit 2 oder 3 Bilder, welche ich fast immer aus der Hand erstelle, invalidiert aber bereits ein(1) einzelnes, unscharfes Bild das gesamte Panorama. Das ist dann mehr als ärgerlich! Genau das ist letzte Woche bei ein paar meiner Bilderserien wieder passiert, immer eines der mittleren Bilder war unscharf. Nicht total, aber doch deutlich genug, um als Ausschuss zu gelten.

Ich google also wieder einmal in meiner Verzweiflung und siehe da: ich werde sofort fündig! Das AF-Problem scheint ein systematisches Problem zu sein! Fotograf Dennis Mock hat ein paar tiefere Experimente mit seinem Fuji Equipment (Fujifilm XT-4) angestellt und kommt zu einem ähnlichen Schluss! Seine Recherche in den Untiefen etlicher Fotografie-Foren bestätigt ebenso, dass dies keine Einzelmeinung ist. Und seine Selbstversuche, die er in der mühevollen Arbeit über viele Konfigurationen hinweg anstellt, lassen das Problem auch reproduzierbar erscheinen! Ein technisches Problem also, ein bug bzw. defect! Egal, ob in HW oder SW-Ausprägung!

Über den Grad der Schwere wird kontroversiell diskutiert. Und so reichen die verbalen Formulierung von “Fuji’s AF is still not on par with the competitors.“ über “Fuji’s AF is unreliable!” bis hin zu “Fuji’s AF sucks!

Natürlich könnte Fujifilms AF-Performance auch von ein paar Randbedingungen abhängen, wie zB. Kameramodell (auch Dennis Mock bezieht sich ja explitit auf seine X-T4), verwendetes Glas samt AF-Motortechnologie, Kameraeinstellungen, Fokussiertechnik (Auslöser, Back-Botton-Focus) etc. . Andereseits kann ich Mocks Erkenntnisse problemlos nachstellen. Auch meine X-H1 zeigt bei mehrfachen Fokussierversuchen auf ein ca. 3 m entferntes CD-Regal  voneinander abweichende Ergenisse auf der im Sucher eingebelendeten Entfernungs- und Schärfentiefeskala an. Auf 3 bis 5 konstant gleiche Ergebnisse kommt dann eine abweichende Messung mit „Sprung“ auf der Skala?!

Zuletzt traten meine X-H1-Probleme zusammen mit meinem XF 55-200, AF-S mit Einstellung Schärfeprorität auf. Egal, ob ich ein kleines oder mittel großes AF-Messfeld eingestellt habe oder gleich Zonen-AF zur Anwendung kommt. Detto mit meiner X-Pro 2 samt XF 14. Aber ich wette, dass ich genügend unscharfe Bilder auch mit allen anderen Linsenkombinationen finden würde (XF 23, XF 60, XF 90, XF 15-55, XF100-400). Aus dem Bauchgefühl heraus, würde ich aber bei mir eher unscharfe Bilder mit brennweitenlängeren Objektiven vermuten. Einfach aus der Tatsache heraus, dass das AF-Schärfefenster im Verhältnis zum Gesamtbild schwerer exakt zu kontrollieren, sprich positionieren ist, also mehr oder andere Konturen oder Kontraste enthält, als ich selbst im Sucher wahrnehmen kann und daher auch weniger Kontrolle über den genauen AF-Bildausschnitt habe. Interessanterweise zeigt sich bei Dennis Mocks Versuchen genau ein gegenteiliges Bild. Weitwinkel sind bei gleichen Wiederholbedingungen anfälliger für eine unterschiedliche Anzeige des Tiefenschärfebereichs? Daraus wird dann in der Umkehr geschlossen, dass der AF der Kamera auch auf unterschiedliche Bildebenen scharfgestellt und sich somit auch abweichende, unscharfe Ergebnisse einstellen. In diesem Post hat Dennis nochmals seine eruierten Fakten zusammengefasst.

Ein Anschauungsbeispiel aus meinem Fundus gefällig? Die Bilder sind Ausschnitte aus einer 100%-Skalierung und auch als solche eingebettet, ggf. also die Browser-Fensterbreite so anpassen, dass die Bilder auch in 100%-Skalierung zum Betrachten dargestellt werden:(X-H1 mit XF55-200 F3.5-4.8 R LM OIS , AF-S mit Einzelpunkt-AF und zweitkleinster AF-Messfeldgröße, Adobe Lightroom Classic Standardeinstellungen bei Detail: A40/R1/D25/M0)

Es ist nicht gravierend, aber mE. genau das Quentchen Unterschied. Zu sehen bei den Arkaden und an der Dachstruktur.Oder bilde ich mirt das nur ein?
Ein zweites, viel gravierenderes Beispiel? (X-Pro2 mit XF14 F2.8)

Eindeutig für die Mülltonne, oder?
Was also nun tun mit dieser ernüchternden Erkenntnis? Welche Optionen ergeben sich und welche Konsequenzen muss ich ziehen?

  • Weg mit dem AF! Umstieg auf rein manuelles Fokussieren?
    Mit Objektiven vorn an der Kamera, die den verstellbaren Fokusring haben (also jenen Ring, der sich nach vorne ziehen lässt und in dieser Position unabhängig der AF-Einstellungen sofort MF zulässt) ist dies tatsächlich eine valide Option, die ich auch regelmäßig nutze. Haptisch und Ergonomisch ist dies einfach einfach ein Traum, sehr praktisch, da ich muss nicht umständlich an den kleinen, an der unteren Vorderseite liegenden AF-Schalter herumfummeln muss. Für das XF14 als auch das XF23 also eine gebrauchstaugliche Regel, nicht aber für die Zooms und die anderen Fix-Brennweiten ohne beweglichen Fokusring.
    Dennis beschreibt in seinen Post auch exakt, wie er seine Fujis konfiguriert hat. Nämlich mit einer Trennung zwischen Auslöser, Schärfe und manuellem Scharfstellen am Objektiv bei AF-C. Eine Handlungsoption für mich also, seine (wirklich überzeugende) Kameratechnik zu testen und ggf. zu erlernen
  • Permanente Schärfekontrolle nach Bildaufnahme?
    Automatik verleitet immer ab einem gewissen Punkt zur Sorglosigkeit. Solange die Automatik zuverlässig tut, ist ja alles gut. Bei sporadischen Aussetzern kann’s zum Problem werden, der Schmerz ist aber meistens (noch) nicht groß genug, alle Bilder sofort nach Aufnahme hinsichtlich Schärfe immer einer Prüfung zu unterziehen. Da kann ich mich wohl auch selbst ein wenig an der Nase nehmen. Prinzipiell ist eine Schärfekontrolle innerhalb der Anzeigezeit nach Aufnahme durch Drücken des hinteren Einstellrads auch rasch & leicht durchführbar, da immer auf jenen Bildausschnitt gezoomt wird, auf den auch scharfgestellt wurde. Zumindest habe ich das jetzt immer öfter im Hinterkopf. Und von dort ist es dann zur Bildkontrolle – gerade bei einem kritischen Panoramabild – nur mehr halb so weit ;-). Aber lästig, weil eben Zusatzaufwand im Sinne der Kompensation einer technischen Unschönheit, ist dies allemal!
  • Ein Markenwechsel?
    Das hieße im Klartext: all mein Fuji-Equipment verkaufen! Und wäre wohl die ultima ratio. Und ich müsste diesen einen Nachteil gegen alle anderen Vorzüge, welche damals den Ausschlag fürs Fuji-X-System gaben, abwägen. Als Berufsfotograf wäre ich wohl weniger zimperlich bei der Markenwahl, da hätte die technische Zuverlässigkeit wohl oberste Priorität gegenüber weicheren Faktoren wie Haptik & visuellem Gefallen am Design. Dennis Mock kommt für sich ebenso zu einem ähnlichen Schluss: ich liebe meine Fujis und werde diesen Pfad wohl erst dann konkretisieren, wenn alle anderen Kompensationstechniken & Vermeidungsstrategien mit einem “nicht zufriedenstellend” hinsichtlich erbrachter Lösung ausgeschöpft wurden. Als Trost: es gibt noch eine zweiten Hersteller, mit dem ich höchstwahrscheinlich annähernd so glücklich werden könnte…

Konklusio? Erstmals bin ich froh über die Erkenntnis, dass es mir weder an Fähigkeiten noch Sorgfalt mangelt, sondern der Ball zum Thema AF eindeutig beim Hersteller liegt.

Einen Benefit habe ich mir durchs Studium der Beiträge von Dennis Mock noch mitgenommen: jenen der Konfiguration seiner Kamera!

“I am a ‚back-button‘ focus user.  I don’t use the shutter button to activate autofocus.  I’ve set up my cameras that way for years.  I typically set my cameras for AF-C which allows me to press and release the back button to instantly find and lock focus, press and hold to continually focus or manually focus without having to change any settings. Very convenient and it has worked very well for me.  Wanting to continue to use ‚back-button‘ autofocus, currently, I have my X-T4 set to manual focus, „Instant AF“ using AF-C and displaying the MF Distance Scale in the EVF and LCD so I can check to see if the approximate distance of what the camera focused on coincides with what the distance scale is showing.  If not, I’ll then re-activate autofocus until it does before pushing the shutter button to make the exposure.  That said, preliminarily, this setup seems to largely mitigate the inconsistency issue.  I see it but at a lesser scale.”

Aha! Klingt logisch und effektiv. Dass sich der AF vom Auslöser getrennt konfigurieren lässt, ist eine neue Erkenntnis für mich und definitiv auch bei meinen Fuji-Modellen (geht das überhaupt bei allen?) einen Versuch wert!
Ich werde sehen, ob mir damit in den kommenden Monaten eine Reduktion unscharfer Aufnahmen gelingt. Es bleibt spannend! Stay tuned.

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