Winterwunderland II – Die Feldaist

[Alternativer Titel: Von vergebenen Chancen…]

So rasch kann’s gehen! Eben noch Spätherbst mit angenehm milden Temperaturen und leuchtende Farben und kaum eine Woche später hat der Winter erbarmungslos zugeschlagen – grausame Jahreszeit! Aber geh‘ – herrlichstes Winterwetter! Das lässt doch jedes Fotografenauge und -herz wahrlich frohlocken, oder nicht? Denn auch bei weniger idealen Wetterbedingungen wie Schneefall, dem berüchtigten Grau-in-Grau-Stimmungsbild bzw. minus 15°Celsius – hantiert da mal an den Metallteilen der Kamera bzw. des Stativs – lassen sich im Winter genügend ablichtenswerte Motive finden, aber das haben wir ja bereits im letzten Post durchdekliniert… .

Und trotzdem trauere ich oftmals um genau jene Bilder, deren Aufnahme mir eben nicht vergönnt war zu machen. Kennt ihr das? Ein Beispiel:
Neulich erst wollte ich Langzeitaufnahmen entlang der Feldaist bei Pregarten machen; dort, wo ich bereits im Frühling ein paar Versuche zu „frischem Grün“ mit meiner neuen Fuji GFX unternommen habe. Ich war gerade im Begriff, Linz auf der Autobahn zu verlassen, als plötzlich die Sonne über meiner Heimatstadt herauskam. Vor mir eine Szenerie mit wundervollem Licht- & Schattenspiel, noch dazu grandioses Wolkenspiel mit blauen Tupfern. Eigentlich perfekt prädestiniertes Wetter für Winterpanoramen. Doch dazu hätte ich meinen bereits durchdachten Plan für den Nachmittag kurzfristig & spontan über den Haufen werfen müssen, zumal: falsches Objektiv an der Kamera, falscher Stativkopf (fürs Pano) und auch die Vorbereitung, sprich der bereits gedanklich durchgespielte Ablauf am Zielort wäre obsolet gewesen. Das alles ließen mich zögern, Spontanität ist nicht meine Stärke… um schlussendlich dann doch beim ursprünglichen Plan zu bleiben. Und dann der Klassiker: am Zielort waren die Bedingungen dann aber nicht mehr ganz so optimal, sodass ich mir natürlich wieder die Frage gestellt habe: was wäre gewesen, wenn ich spontan…? 

Warum schmerzen die verpassten Möglichkeiten so sehr? Gefühlt weitaus intensiver als früher? Im Konjunktiv, denn wohlgemerkt: das alles sind ja erstmals nur Annahmen und alles ist rein hypothetisch! Hätte ich wirklich gute bessere Aufnahmen machen können? Wäre die Licht- & Wettersituation auch stabil geblieben? Wo genau hätte ich mit dem Panorama angefangen? Dort, wo ich die Gegebenheiten eh schon kenne? Oder an den beiden neu ausgespähten Orten? Fragen, auf die ich natürlich keine definitiven Antworten geben kann. Wer weiß das schon genau? Wie gesagt, alles nur Annahmen und rein hypothetisch.

Kürzlich am Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, habe ich eine traumhafte Bildsituationen vorgefunden! Aber keine Kamera mit mir. Also schon eine, aber eben keine passende, keine mit einer Telelinse vorn drauf! Eine hinter einer Wolke in einer eher diffusen Lichtstimmung knallorange aufgehende Sonnescheibe, genau zwischen zwei in den Winterzauber gehüllten Bäumen im Vordergrund. Marke Traumbild! Ich habe nicht nur innerlich ob der Schönheit dieses trichromatischen Komposition gelacht, sondern auch laut herausgeschrien – ja geschrien, ob der Unmöglichkeit, diese Szene bildlich festzuhalten! Anhalten auf der Autobahn? Kommt nicht so gut oder ;-). Eher Marke „unmöglich“, auch in Anbetracht für das eigen Leib- & Leben und das der Mitmenschen. Verdammt!

Ist dies nicht symptomatisch für uns visuell getriebene Fotografen? Anstatt sich in Natura live und in Echtzeit dem Motiv ausreichend hinzugeben, anstatt den einen Moment voll auszukosten, versuchen wir lieber alles, um dieses Motiv aus unterschiedlichen Perspektiven abzulichten und uns dann, zeitversetzt und in einer komprimierten Form (jawohl! komprimiert in Format & Größe) am Bildinhalt zu erfreuen! Klingt ziemlich verkehrt, oder? Ist aber oftmals so!

Wieviele gute Fotos sollen also von einem Fototrip herausschauen? Das kommt wohl auch ein wenig auf die eigenen Erwartungen an. Und auch auf die Investition, auf den Aufwand. Bei einem Ausflug in die nähere Umgebung, der sich leicht wiederholen lässt, bin ich mit einem einzigen guten Foto schon belohnt. Bei einem  Wildlife-Fototrip nach Afrika wäre mir diese Ausbeute wohl zu dürftig. Aber auch das kann variieren und so ist die persönliche Messlatte diesbezüglich wohl bei jedem ein wenig anders positioniert.

Ich jedenfalls hatte einen prachtvollen Spaziergang entlang der Feldaist Richtung Kumpfmühle, genoss das mühlviertlerische Winterwunderland und machte meine Aufnahme an einer Stelle, wo ich bereits im Frühling experimentierte. Trotz der launischen Sonne – beim Gehen immer da und kaum das Stativ für das nächste Bild eingerichtet auch schon wieder weg 😉– eine Inspiration für Körper & Seele. Da sind die Bilder doch eigentlich bloß noch Draufgabe.

PS: das Thema der Colorierung ist noch ungelöst…in Farbe……als auch in Schwarz/Weiß 😊.

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